Ein ganz normaler Rausch
Alkoholkonsum ist gefährlich. Warum fällt es uns so schwer, darauf zu verzichten?
Text: Jolanda Allram

Mit einem Bier in der Hand schaut Stefan auf eine Leinwand. Über die weiße Fläche flimmern Momente aus seinem Leben. Stefan als Spongebob verkleidet auf einem Rockfestival, wie er jemanden einen Irokesen rasiert. Stefan mit Verkehrskegel auf dem Kopf. Stefan nackt auf einem Konzert. Mühevoll haben seine Freund:innen die Fotos und Videos der gemeinsamen Erlebnisse zusammengetragen. Es ist sein 40. Geburtstag. Stefan ist gerührt, aber er auch peinlich berührt. An die Hälfte der Ereignisse kann er sich nicht erinnern, weil er betrunken war. Die Erinnerungen sollen lustig sein, aber Stefan vergeht das Lachen. Ihm wird damals klar, sagt er Jahre später im Gespräch mit ZIMT bei Kaffee und Orangensaft: „In diesen Momenten war ich nicht einmal Beifahrer meines eigenen Lebens.“
Das alkoholisierte Land
Stefans Geschichte ist eine von vielen in Österreich: Fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung ab 15 Jahren gelten in Österreich als alkoholabhängig – das sind ungefähr 370.000 Menschen. Wer ein Alkoholproblem entwickelt, erkennt es aber oft selbst nicht, weil Trinken zur Normalität gehört: Eine Million Österreicher:innen haben ein problematisches Trinkverhalten, neun Millionen sind es in Deutschland. Zwölf Liter reinen Alkohol trinken Österreicher:innen durchschnittlich pro Jahr. Das sind zum Beispiel zwei Achtel Wein am Tag oder neun große Gläser Bier in der Woche. Deutsche trinken 10,2 Liter Reinalkohol pro Jahr. Im internationalen Vergleich befindet sich Österreich auf Rang sechs der konsumfreudigsten Länder weltweit – Deutschland belegt den neunten Platz.
Das kostet nicht nur die einzelnen Konsument:innen, sondern insgesamt die Gesellschaft einiges. Krankenstände wegen Suchterkrankungen oder psychischer Krisen, vorzeitige Pensionierungen aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, medizinische Ausgaben für Abhängigkeitsbehandlungen aber auch gesundheitliche Folgeschäden durch Alkoholkonsum wie Erkrankungen des Verdauungstrakts, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs: In Deutschland betragen die durch den Alkoholkonsum verursachten volkswirtschaftlichen Kosten rund 57 Milliarden Euro pro Jahr. In Österreich belaufen sich diese Kosten auf etwa 659 Millionen pro Jahr, wobei die Berechnung hier aus 2011 stammt. Etwa 2,6 Millionen Menschen sterben jährlich weltweit an den Folgen von Alkohol. Das besagt eine Studie der WHO.

Ein Gläschen zum Erfolg, ein Drink im Freundeskreis – Alkohol gehört für viele zu besonderen Momenten einfach dazu.
Und dennoch: Alkohol wird in unserer Gesellschaft nicht nur als normal erachtet, unser Blick darauf wirkt sogar glorifizierend: Erfolge des Lebens werden mit einem Gläschen Sekt belohnt, Selfies mit Drinks in der Hand sollen zeigen, wie gut es uns geht. Dabei trifft das bei vielen Menschen, die trinken, nicht zu. „Alkohol ist in unserer Gesellschaft tief verankert“, sagt Lisa Brunner, Leiterin des Instituts für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien. „Genau deshalb ist es wichtig, in der Prävention auch gesellschaftliche Normen und Haltungen zu hinterfragen.“ Kaum ein Suchtmittel wird so verharmlost wie Alkohol – dabei gibt es eine Vielzahl an negativen körperlichen Auswirkungen, die auch unabhängig von einer Abhängigkeitserkrankung auftreten können. Während wir etwa Sonnencremes schon beim kleinsten Hinweis auf potentiell schädliche Inhaltsstoffe aus dem Badezimmerregal verbannen und uns vor Mikroplastik in Mehrwegflaschen fürchten, scheinen wir für das Feierabendbier alle Risiken in Kauf zu nehmen. Warum fällt es uns so schwer, zu verzichten?
„Gemma auf ein Bier“
Stefan, der seit zwei Jahren nicht mehr trinkt, spricht gern über seine Alkoholsucht. „Damit die Leute aus meinen Erfahrungen lernen können.“ Als Jugendlicher gehört Stefan zu den Nerds, sagt er. Zum ersten Mal trinkt der Niederösterreicher mit 16 auf einer Party, mit unangenehmen Folgen: „Ich hatte einen massiven Absturz, konnte mich an den halben Abend nicht mehr erinnern.”
Dem jungen Stefan vergeht nach seiner ersten, peinlichen Berührung mit Alkohol erstmal die Lust daran. Sein Freundeskreis macht lieber Filmabende statt Party, es wird auch mal politisch diskutiert statt betrunken gegrölt. Erst mit Anfang 20 hört Stefan von seinen Freunden zum ersten Mal den Satz „Gehen wir auf ein Bier”. Für Stefan ist das die Eintrittskarte in eine neue Welt. Was er mit dem Bier, das ihm eigentlich überhaupt nicht schmeckt, konsumiert: die Atmosphäre, das Zusammensein, die Zugehörigkeit.

Stefans Freundeskreis macht lieber Filmabend statt Party.
Heute schüttelt er darüber den Kopf und sagt: „Das ist so eine österreichische G’schicht. Was wir wirklich meinen ist: Lass uns quatschen und Zeit miteinander verbringen.” Aus dem regelmäßigen Bier dienstagabends werden irgendwann zehn Bier – mehrmals die Woche. Das Pub verlässt Stefan meist erst zur Sperrstunde. Die Scham, die Stefan nach seiner ersten Erfahrung mit Alkohol empfunden hat, tauscht er nun gegen den Stolz ein, lustige Geschichten aus dem Suff erzählen zu können, sagt er: „Man hat mich den Partypapst genannt.”
Was Stefan auf individueller Ebene empfindet, lässt sich auch wissenschaftlich belegen. Alkohol kann unser Zugehörigkeitsgefühl und vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen das eigene Ansehen stärken. In einer Kultur, die so stark mit Alkohol verwoben ist wie unsere, kann der Verzicht von Alkohol sogar zur sozialen Ausgrenzung führen – und das schon früh: Bereits ab dem 16. Geburtstag dürfen Jugendliche in Österreich Bier und Wein konsumieren. In vielen EU-Ländern liegt die Altersgrenze höher. Nur in Deutschland dürfen junge Menschen noch jünger beginnen: Beim sogenannten begleiteten Trinken ist Bier und Wein bereits ab dem 14. Geburtstag erlaubt, wenn die Erziehungsberechtigten dabei sind – ein Gesetz aus dem Jahr 1952, das heute veraltet wirkt. Der Gedanke bei der Einführung: Kinder sollen unter Begleitung der Erwachsenen einen bewussten Umgang mit der Substanz lernen. Heute wird das Gesetz vielfach kritisiert – erst kürzlich haben sich sowohl die deutsche Bundesgesundheitsministerin als auch die Gesundheitsminister:innen der Länder für die Abschaffung ausgesprochen. Denn: Alkohol ist ein Zellgift, eine unbedenkliche Menge gibt es nicht. Mehr als 200 Krankheiten werden mit Alkohol in Verbindung gebracht. Die häufigsten durch Alkohol ausgelösten Krebsarten sind Darmkrebs bei Männern, Brustkrebs bei Frauen. Die oft zitierte positive Wirkung von Rotwein auf das Herz gilt inzwischen als widerlegt.

In den 1950er Jahren wird in Deutschland erlaubt, dass schon 14-Jährige trinken dürfen.
Ging es für Stefan zunächst um Spaß und Gemeinschaft, setzt er Alkohol nach einer schmerzhaften Trennung als Bewältigungsstrategie ein. Mit Alkohol ertränkt er seine Trauer. Zwar kann er über seine Gefühle mit Freund:innen sprechen, nüchtern ist er dabei allerdings nie: „Am nächsten Tag sind diese Gespräche nichts wert, weil du dich nicht mehr daran erinnern kannst.” Den Schmerz trägt Stefan immer weiter mit sich. Er verlernt es, sich richtig mit seinem Frust und Stress auseinanderzusetzen. Gesunde Möglichkeiten, dem Schmerz in die Augen zu schauen, fallen ihm einfach nicht mehr ein. „Ich habe mich selbst so betäubt, dass ich nicht in der Lage war, mit normalen Lebenssituationen adäquat umzugehen.”
„Solange Alkoholkonsum nicht unangenehm auffällt und mit Problemen im Alltag einhergeht, wird er als normal wahrgenommen”, sagt Lisa Brunner. Diese soziale Akzeptanz ist drastisch, denn gerade die Einstellung und das Verhalten der Peers beeinflusst die Entscheidung Einzelner, ob auch sie schließlich trinken oder nicht, markant – ein Phänomen, das durch Werbung für Alkohol verstärkt werden kann.
Das jugendliche Gehirn reagiert besonders sensibel auf soziale Signale und Belohnungen. Das macht sich die Werbung zunutze, sagen Studien. Auch wenn die Alkoholindustrie im deutschsprachigen Raum im Rahmen einer Selbstregulierung regelt, dass Kinder und Jugendliche nicht direkt durch Werbung angesprochen werden dürfen: Freund:innen, die gemeinsam trinken und Spaß haben, sind beliebte Werbemotive. Die ständige Konfrontation mit Konsum bewirkt außerdem, dass er als unproblematisch und alltäglich wahrgenommen wird. Die WHO fordert deshalb strenge Werbeverbote. Die Alkoholindustrie will auf Werbung aber nicht verzichten. Studien zeigen, dass sie systematisch versucht, diese zu verhindern. In Deutschland ist ein absolutes Werbeverbot in der letzten Legislaturperiode gescheitert: eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie, die ein solches als effektivste Maßnahme empfahl, wurde ignoriert.

Auf Social Media wird Alkohol ungefiltert angeworben.
Das Problem: Heute übernehmen Konsument:innen die Werbung für Unternehmen freiwillig und kostenlos – über zwei Millionen Beiträge finden sich unter dem Hashtag Aperolspritz auf Instagram. Ob das Getränk aus gläsernen Handtaschen getrunken oder als Eis am Stiel geschleckt wird, die Menschen wirken dabei glücklich, Konsum wird zum Lifestyle. „Über die sozialen Medien wird in einer Art und Weise Werbung gemacht, die man nicht mehr kontrollieren kann”, sagt Alfred Uhl, Psychologe bei Gesundheit Österreich.
Frauen leiden versteckt
Auch beliebt: der Hashtag #winemoms, der auf Social Media schon Meme-Status hat. Er zeigt überlastete Mütter mit vollem Weinglas, das helfen soll, den Druck des Alltags hinter sich zu lassen. Was sich dahinter wirklich verbirgt: Besonders Frauen nutzen Alkohol häufig als Bewältigungsstrategie gegen Stress. Die Mehrfachbelastung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit seien bei ihnen genauso Gründe für Alkoholismus wie Gewalterfahrungen, sagt die Psychologin Barbara Schreder-Gegenhuber, Geschäftsführerin der Suchthilfeeinrichtung Schweizerhaus Hadersdorf und Leiterin der Gesundheitsgreisslerei für suchtkranke Frauen im ORF Interview. Sie trinken jedoch häufiger versteckt.
Sabine ist heute 65 Jahre alt und seit fast acht Jahren trocken. Am Höhepunkt ihrer Alkoholerkrankung nimmt sie die Sektflasche mit in die morgendliche Dusche.
Die Wienerin hat sich ihr Leben lang gekümmert: Als sie 21 ist, erkrankt ihr Vater, den sie sehr liebt. Sie besucht ihn monatelang täglich im Krankenhaus – bis er stirbt. Gleichzeitig wird ihre Mutter herzkrank. Sabine lebt mit ihr bis zu deren Tod im Alter von 93 Jahren zusammen. Neben ihrer Vollzeitstelle erledigt Sabine die Hausarbeit, kocht und pflegt die alternde Frau. Vor allem in deren letzten zehn Lebensjahren wird das zur Dauerbelastung: „Sie konnte nicht mehr lesen, weil sie so schlecht gesehen hat. Hörgeräte hat sie nicht vertragen. Die Zeitung konnte sie wegen Arthritis, Arthrose und Osteoporose nicht mehr halten.“ Sabine sagt: „Ich war die Augen, Ohren und Hände meiner Mutter.” Wann ihre Sucht anfängt, kann Sabine heute nicht genau sagen. „Es beginnt nicht mit einem Knall, sondern ist ein Übergang. Dann sagst du: Ich brauche das jetzt, damit es mir besser geht.“

Aus dem harmlos erscheinenden Gläschen Sekt beim Kochen wird bald mehr.
Zuerst öffnet sie sich zum Kochen eine kleine Flasche Sekt. „Das war dann ein bisschen lustig, eine Zeit lang war alles leichter.“ Später wird daraus täglicher Konsum – anfangs abends, zum Runterkommen. Dann auch morgens – um den Alltag zu schaffen. „So habe ich die Sorge um meine Mutter und alles, was unangenehm war, verdrängt.“
Lange hält die damals etwa 50-Jährige an dem Glauben fest, dass sie kein Problem habe, weil sie „ja nur am Wochenende” oder „nie tagsüber” trinke – ein Selbstbetrug, sagt sie heute. „Ich habe getrunken, weil ich das sonst nicht mehr ausgehalten hätte. Der Alkohol war mein Freund, der mich über vieles hinweg getragen hat.”
„Vom Hackler bis zur Frau Doktor”
Auch Stefan glaubt lange, kein Problem zu haben, weil er seine Arbeit nicht vernachlässigt. Nachdem sein Chef sein Trinkverhalten anspricht, macht er die Arbeit zur Priorität. Seinen Alkoholkonsum überdenkt Stefan zu diesem Zeitpunkt nicht. Heute weiß er: „Die Arbeit hat nie darunter gelitten. Was gelitten hat, war mein Privatleben – Freundschaften, Beziehungen, Familie.” Was Stefan und Sabine erleben, scheint ein weitverbreitetes Phänomen in einer Gesellschaft zu sein, die auf Leistungsfähigkeit beruht: Erst wenn diese abnimmt, gilt man als krank.
Bei Stefan läuft es im Job noch immer gut, aber sein Wesen hat sich verändert: Im Rausch wird er zunehmend aggressiver, es kommt zu verbalen Attacken gegenüber Fremden, aber auch Freund:innen. Die Feier zu seinem 40. Geburtstag, der Abend, an dem er seine vergessenen Eskapaden auf einer Leinwand vor Familie und Freunde vor Augen geführt bekommt, soll zum Wendepunkt für Stefan werden. Es kommt zum Streit mit seiner damaligen Freundin, am Ende werden beide handgreiflich. „Schlussendlich ist – völlig zurecht – die Polizei gekommen”, sagt Stefan, der entsetzt über sein eigenes Verhalten ist und dankbar für jede Hilfe, die ihm angeboten wird.
Weil die Polizei Stefan als Gefährder eingestuft hat, muss er eine Gewaltpräventionsberatung beim Verein Neustart wahrnehmen. Von dort aus wird ihm das Regionale Kompetenzzentrum der Suchthilfe Wien empfohlen, die erste Anlaufstelle in Wien für Menschen, die Unterstützung beim Thema Alkohol suchen und ihren Konsum verändern möchten. Hier macht er gemeinsam mit einem multiprofessionellen Team aus Fachärzt:innen, Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen eine Bestandsaufnahme: Wie geht es ihm körperlich, psychisch aber auch sozial? Welche Art der Therapie ist passend für ihn? Gemeinsam wird ein Therapieplan erstellt, der von der Stadt Wien, Krankenkasse und PVA voll finanziert wird. Für Stefan stellt sich eine Einrichtung mit Gruppen-Therapieangebot als am Besten heraus: „Ich hatte das Gefühl, ich muss mit anderen darüber sprechen.“

Nach der Feier bleibt der Alkohol bei vielen als Alltagsbegleiter hängen.
In der Gruppe merkt er: Er ist nicht allein. Alkoholismus betrifft Menschen aus allen Schichten: „Da sitzen alle – vom Hackler bis zur Frau Doktor – alle mit einem Problem, in unterschiedlicher Ausprägung.“ Trotz aller Unterschiede entsteht sofort ein Gefühl von Verbundenheit. Stefan fühlt sich gut aufgehoben: „Ein Raum, der absolut sicher ist – ein Safe Space, wo ohne Vorurteile zugehört wird.“
Durch die intensive Therapie, später auch im Einzelsetting, lernt Stefan, mit seinen Emotionen umzugehen. „Ich musste viele Bewältigungsstrategien wieder erlernen, da Alkohol damals zu meinem einzigen Werkzeug geworden ist.“
Bei Sabine sind es der Tod ihrer Mutter und der Verlust ihres Arbeitsplatzes, wodurch sich ihre Alkoholsucht verschärft. „Plötzlich war nichts mehr da – außer dem Alkohol.” Sie geht zum Hausarzt: „Ich habe gesagt ‚Ich brauche Hilfe, ich will noch leben. Das kann nicht alles gewesen sein.’” Sie entscheidet sich für eine stationäre Therapie in der Suchtklinik. „Ich habe gesagt, ich bleibe 14 Tage. Am Ende waren es mehr als drei Monate. Ich wollte gar nicht mehr gehen.” Dort erlebt Sabine zum ersten Mal, dass sie sich zeigen darf, ganz ohne Ängste: „Es hieß: Nichts was du sagst, kann ein Blödsinn sein. Das war selbstvertrauensbildend für mich.”
Nach der stationären Therapie besucht Sabine lange Zeit mehrmals die Woche eine Tagesambulanz in einer Suchttherapieeinrichtung. Dort verbringt sie den ganzen Tag und kann am Abend wieder nach Hause gehen. Die Strukturen und Menschen geben ihr Sicherheit und Halt, denn die ersten zwei Jahre ohne Alkohol sind für Sabine schwer: „Wenn man die Leute draußen im Schanigarten sitzen sieht, mit ihrem Spritzer, dem Bier. Da denkt man sich: Wär schon schön. Aber ich bin standhaft geblieben.“ Ein Therapeut sagt ihr: „Du bist wie ein kleines Pflänzchen, das jetzt rauskommt, sich umschaut und wachsen darf.“ Dieser Satz begleitet sie bis heute.
Damit es nicht so weit kommt…
Damit es gar nicht erst zur Sucht kommt, braucht es wirksame Prävention. Lisa Brunner sieht in Österreich noch großen Handlungsbedarf: „Aus der Forschung wissen wir: Mehr Regulierung – etwa bei Verfügbarkeit und Preis sowie über Steuern – ist ein wirksamer Baustein der Alkoholsucht-Prävention.“ Auf individueller Ebene seien bewusster Konsum und Ressourcen zur Krisenbewältigung wichtig. Alfred Uhl glaubt, dass es vor allem kulturelle Änderungen braucht, die aber nie kurzfristig entstehen: „Es müssen neue Generationen kommen, die anders und weniger problematisch mit der Substanz umgehen.” Dabei ist Uhl optimistisch, denn seit den 1970er Jahren habe der Alkoholkonsum abgenommen: Trinken bei der Arbeit oder im Straßenverkehr zum Beispiel, sei damals noch gängig gewesen.
Für Stefan steht fest: Er will nie wieder Alkohol trinken. „Wenn ich betrunken bin, bin ich jemand, der ich nicht sein will. Ich habe die Zügel nicht in der Hand“. Wenn er heute auf Technofestivals geht, dann tanzt er auch nüchtern hemmungslos – und genießt jeden Moment. „Was ich zu spät realisiert habe: Wieviel Zeit man einbüßt, weil die Erinnerungen an schöne Momente und Gefühle fehlen.”
Wenn du dir Sorgen um deinen eigenen Alkoholkonsum machst oder Unterstützung für jemanden suchst, hier findest du Hilfsangebote:
Österreich
Die Behandlung bei einer psychischen und körperlichen Alkoholsucht gilt als Kassenleistung. In Österreich gibt es ein gut ausgebautes Netz an Beratungs- und Behandlungseinrichtungen:
Anlaufstellen:
- Regionale Kompetenzzentren der Suchthilfe Wien
- Online Selbsthilfeprogram Alkcoach
- Startseite – Alkohol. Leben können
- Dialogwoche Alkohol: viele Infos rund ums Thema Alkohol
- Suchthilfekompass: Verzeichnis aller Suchthilfeeinrichtungen in Österreich
Deutschland
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Suchtberatungsstellen vor Ort: In nahezu jeder Stadt und Region gibt es kostenlose, anonyme Angebote zur Beratung bei Alkohol‑ oder anderen Suchtproblemen – etwa bei Wohlfahrtsverbänden wie der AWO, Caritas oder Diakonie. Eine Übersicht findest du bei der Suchtberatung.
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Suchthilfeverzeichnis der DHS (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen): bundesweite Übersicht zu Beratungsstellen und Therapieangeboten.
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Sucht & Drogen Hotline (rund um die Uhr erreichbar): Tel. 01806 313 031 (0,20 €/Anruf), für Betroffene und Angehörige sowie weitere Unterstützungsangebote im Überblick bei der Stelle des Bundesdrogenbeauftragten.
Diese Recherche ist in bezahlter Kooperation mit den Psychosozialen Diensten Wien entstanden.