Welche Therapie ist die richtige für mich?
Text: Jana Reininger
Macht man sich auf die Suche nach Psychotherapie, kann man schnell mal den Überblick verlieren. Wo fängt man an zu suchen, worauf achtet man bei der Auswahl der Therapeut:innen? Und was bedeuten die ganzen verschiedenen Therapiezugänge?
In Österreich gibt es 23 verschiedene, anerkannte therapeutische Methoden. „Selbst Fachpersonen kennen sich oft nicht mit jeder Methode aus”, erklärt Vanja Minić, die Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision ist und bei ZIMT psychologische Inhalte prüft. Die unterschiedlichen Zugänge lassen sich in vier Kategorien einteilen, die gemeinsame Grundvorstellungen in den Behandlungen teilen. ZIMT hat sie sich angesehen.
Tiefenpsychologisch-psychodynamische Zugänge
Tiefenpsychologisch-psychodynamische Therapiezugänge stammen von den Klassikern Sigmund Freud und Carl Gustav Jung ab. Bei ihnen steht das unbewusste Seelenleben im Vordergrund, also das, was im Alltag nicht ganz so präsent ist. Zentral ist dabei eine Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Frühe Erfahrungen der Kindheit halten die Therapeut:innen für besonders wichtig. Immer wieder wird in der Gesprächstherapie mit Träumen gearbeitet, manchmal liegen die Patient:innen sogar noch wie bei Freud damals auf der Couch. Im sogenannten freien Assoziieren erzählen die Patient:innen ganz spontan, was ihnen gerade einfällt. Das soll helfen, innere Konflikte aufzudecken.
Zu den tiefenpsychologisch-psychodynamischen Methoden zählen beispielsweise die folgenden Zugänge:
- Psychoanalyse oder Gruppenpsychoanalyse
- Analytische Psychologie
- Individualpsychologie
- Psychoanalytisch orientierte Psychotherapie
- Hypnosepsychotherapie
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Humanistische Zugänge
In humanistischen Zugängen zählt vor allem die Persönlichkeit der Patient:innen. Sie soll sich innerhalb der Therapie frei entfalten, im Fokus steht das Hier und Jetzt. Die Therapeut:innen haben ein positives Menschenbild. Sie gehen also davon aus, dass Menschen von Natur aus gerne Verantwortung übernehmen, Leistung erbringen und zu sich selbst finden möchten. Sie versuchen folglich oft, Ressourcen in ihren Klient:innen zu aktivieren, die den Menschen helfen sollen, sich selbst zu verwirklichen. Auch das kreative Wachstum der Patient:innen steht im Mittelpunkt der Methode.
Zu humanistischen Methoden zählen beispielsweise die folgenden Zugänge:
- Gestalttherapie
- Psychodrama
- Existenzanalyse
- klientenzentrierte/personenzentrierte Psychotherapie
Systemische Zugänge
In systemischen Zugängen werden Menschen vor allem im Kontext ihres sozialen Umfeldes, also ihrer Familie, ihrer Freund:innen und Kolleg:innen etc., betrachtet. Liegen psychische Belastungen vor, gehen die Therapeut:innen davon aus, dass etwas im System um sie herum nicht stimmt. Ein besonders bekanntes Beispiel dafür ist die Theorie der Symptomträger:innen: Eine Person, die auf Belastungen innerhalb ihrer Familie mit psychischen Beeinträchtigungen reagiert – während andere Geschwister das beispielsweise nicht tun.
Zu systemischen Methoden zählen die folgenden Zugänge:
- systemische Familientherapie
- Neuro-linguistische Psychotherapie
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Mehr InformationenVerhaltenstherapeutische Zugänge
Verhaltenstherapeutische Methoden stammen von der sogenannten klassischen Psychologie ab, in der davon ausgegangen wird, dass Verhaltensweisen erlernt und verlernt werden können. Kommen Patient:innen beispielsweise mit einer Spinnenphobie in die Praxis, wird diese handlungszentriert ausgetrieben – beispielsweise mit sogenannten Expositionsverfahren, in denen sich Phobiker:innen ihren Ängsten stellen. Die vergangenen Ursachen der Angst sind dabei weniger relevant, als der aktuelle Umgang mit ihr. Mit konkreten Anleitungen und dem Versuch, bestehende Probleme durch konkrete Denk- und Verhaltensweisen zu bewältigen, bewegt sich dieser Zugang vor allem in der Gegenwart. Auch Hausübungen sind ein klassischer Bestandteil dieser Zugänge.
Zu verhaltenstherapeutischen Methoden zählen beispielsweise die folgenden Zugänge:
- kognitive Verhaltenstherapie
- Schematherapie (mit tiefenpsychologischen Ansätzen)
- Dialektisch-Behaviorale Therapie
Immer noch unschlüssig?
Für manche Menschen ist es wichtig, vorbereitet in die Therapie zu gehen und schon vorab zu wissen, in welchem Therapiesetting sie sich befinden werden, für andere weniger. Das muss die Qualität der Behandlung nicht beeinflussen. „Obwohl die Psychotherapeut:innen in der ersten Stunde ihre Methode eigentlich in zwei bis drei Sätzen vorstellen sollten, wissen viele Klient:innen bis zu ihrer letzten Einheit überhaupt nicht, in welcher Methode sie sich befinden”, sagt Vanja Minić – und dennoch fühlen sie sich durch die Therapie besser.
Und die:der richtige Therapeut:in?
Auch die Auswahl der Therapeut:innen beeinflusst den Verlauf der Therapie. Zunächst gilt: Es ist wichtig, sich bei der Person wohlzufühlen. Wenn die Beziehung zwischen Klient:in und Expert:in nicht passt, ist der Behandlungserfolg oft beeinträchtigt, so erzählt auch die Psychotherapeutin und Forscherin Brigitte Schigl. Doch welche Eigenschaften bei einer:m Therapeut:in wichtig sind, ist ganz individuell und von deiner persönlichen Geschichte abhängig. Folgende Überlegungen können dir helfen, eine Entscheidung zu treffen:
- Ist es mir wichtig, dass mein:e Therapeut:in das gleiche Geschlecht hat wie ich? Möchte ich Dinge erzählen, die das andere Geschlecht möglicherweise nicht nachvollziehen kann? Oder fühle ich mich bei einem anderen Geschlecht besser aufgehoben?
- In welcher Sprache möchte ich während meiner Therapie sprechen? Gibt es eine Sprache, in der ich mich besonders wohl fühle oder mich gut ausdrücken kann?
- Möchte ich, dass mein:e Therapeut:in gewisse Erfahrungen, wie beispielsweise meine Migrationsbiographie teilt, damit ich bestimmte Bedeutungen nicht erklären muss?
- Brauche ich jemanden, die:der sich gut mit LGBTQI+-Themen auskennt, um meine Erfahrungen hiermit nicht erklären zu müssen?
- Gibt es bestimmte Themen oder Herausforderungen, die ich behandeln möchte, bei denen ich mir wünsche, dass die:der Therapeut:in eine Ausbildung hat?
- Fühle ich mich bei jemandem wohler, die:der eher älter ist und mehr Lebenserfahrung hat oder bei jemandem, die:der etwa in meinem Alter ist, weil ich denke, dann besser auf Augenhöhe sprechen zu können?
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