Das Café: Sandra
Sandra macht sich selbstständig. Der Druck, erfolgreich zu sein, beeinflusst ihren Schlaf und ihre Träume.
Text: Jana Reininger
Foto: Jana Reininger/ZIMT Magazin/AI-Generator: Canva
Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin baut Sandra ein Café auf. Doch bald muss sie sich verabschieden.
Collage: Jana Reininger/ZIMT Magazin/AI-Generator: Canva; Foto: Jana Reininger
Sandra steht in dem Café, das ihr und ihrer Geschäftspartnerin gemeinsam gehört. Der Raum ist voll, das Stimmengewirr laut. Sie möchte die Bestellungen der Gäste aufnehmen. Die Zeit drängt, schließlich warten viele. Doch ihre Hand rührt sich nicht, notiert die Wünsche der Besucher:innen einfach nicht, so sehr Sandra das auch möchte.
Als Sandra aufsteht, hat sie noch das ohnmächtige Gefühl aus ihrem Traum im Kopf. Vor sieben Jahren hat die heute 38-Jährige sich gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin selbstständig gemacht. Ein eigenes Café in Graz, das war der Traum. „Die erste Zeit war schwierig”, erinnert sie sich heute. „Das weiß jede:r, die:der selbstständig ist. Doch irgendwie haben wir eine Nische gefunden und es hat funktioniert.”
Während Sandras Partnerin sich nach außen hin als Gesicht des Cafés zeigt, dreht die Steirerin im Hintergrund die Rädchen. Sie macht die Buchhaltung, die Bestellungen, die Dienstpläne, die Personalverrechnung. Das gefällt Sandra. Sie mag es, den Überblick zu behalten, überlässt die Öffentlichkeit gerne jemand anderem.
Selbstständig durch die Corona-Pandemie
Doch dann kam Corona. Daran erinnert sich Sandra als erstes, als sie im Gespräch mit ZIMT von den letzten Jahren erzählt. Der erste Lockdown ist in Ordnung, er vergeht schnell und Sandra ist damit beschäftigt, einen Onlineshop auf der Website einzurichten. Die ersten Stammgäste sind rasch mit Unterstützung zur Hand, sie bestellen Kuchen und Tee. Das Geld ist knapp, aber es reicht für die Miete, erinnert sich Sandra.
Während Corona sind die Straßen leer. Sandra und ihre Kollegin richten einen Webshop ein.
Bild: Jana Reininger/ZIMT Magazin/AI-Generator: Canva
Als sie im Sommer 2020 das Café wieder aufsperrt, herrscht großer Andrang. „Niemand war im Urlaub, alle waren in Graz. Wir waren immer voll, von früh bis Abend, es war ganz ungewohnt.“ Immer wieder erkranken Mitarbeiter:innen an Corona, fallen wochenlang aus. Sandra schreibt die Dienstpläne um, überlegt sich neue Möglichkeiten, der Anfrage trotz allem gerecht zu werden. Es geht ein Gerücht um, dass mit Herbst wieder ein neuer Lockdown folgen wird. Die Angst vor der Zukunft ist groß, Geld anzusparen ist essentiell. Manchmal werden Bestellungen kurzfristig wieder storniert, weil Kund:innen erkranken. Sandra schraubt an den Finanzplänen, wringt ihren Kopf nach neuen Ideen aus. Keinesfalls möchte sie am Ende des Sommers Angestellte kündigen.
Tabletten zum Schlafen
„Dann hat es irgendwie begonnen”, erzählt sie, die Sorgen, die Schlaflosigkeit. Ihre Ärztin verschreibt ihr Antidepressiva und Schlaftabletten. Sandras Laune wird besser, nachts schläft sie wieder – untertags arbeitet sie weiter. Über den Herbst hinweg bis Weihnachten, wo der Stress überhand nimmt. Der Weihnachtsmarkt fordert und Sandra kann wieder nicht schlafen. Durchhalten, sagt sie sich, nach Weihnachten wird sie zwei Wochen Zeit haben. In der Nacht quälen sie unangenehme Träume, die sie mit der Realität konfrontieren.
Sandra steht ihrer Geschäftspartnerin gegenüber. Es stehen unausgesprochene Konflikte im Raum. Die Stimmung ist angespannt.
Die Träume von der Arbeit lassen Sandra nicht los.
Es ist die langjährige Geschäftspartnerin, die Sandra kurz vor dem Urlaub vor eine Entscheidung stellt. Sie möchte das Café alleine weiter betreiben, bittet Sandra, das Unternehmen, das sie gemeinsam aufgebaut haben, zu verlassen. Sandra stimmt zu. Für alles andere fehlt ihr die Kraft, sagt sie heute, obwohl sie das doch eigentlich gar nicht wollte. Sie geht nach Hause, erzählt ihrem Mann, sie müsse nun schauen, wie es weitergeht. Dann schläft sie. Eine lange Weile.
Immer wieder träumt Sandra von ihrem Café. Doch es sieht plötzlich ganz anders aus.
Bild: Jana Reininger/ZIMT Magazin/AI-Generator: Canva
Wieder steht Sandra in dem Café, das ihr eigentlich gehört. Doch der Raum sieht ganz anders aus. Er ist umgebaut und alle Kellner:innen sind neu. Die Gründerin erkennt nichts und niemanden wieder.
Wieder hat Sandra von ihrem Café geträumt.
„Ich mache jetzt eine Gesprächstherapie, eine Individualtherapie”, lächelt sie. „Das ist das Beste. Wenn mich etwas stresst, wenn mich Gedanken nicht loslassen, merke ich sie mir bis zum nächsten Termin. Dort kann ich über alles sprechen und bekomme professionelles Feedback.”
Wie es mit Sandra in Zukunft weitergeht, weiß sie noch nicht genau. Momentan arbeitet sie mal hier, mal da. Mal arbeitet sie in einem Geschäft mit, verkauft dort Kaffee und Maschinen, mal hilft sie ihrem Mann bei der Organisation von Veranstaltungen. Um sich zu entspannen, macht sie Pilates. „Ich habe mit meiner Pilateslehrerin einen Tausch ausgemacht. Ich helfe ihr mit ihrer Website, dafür bekomme ich gratis Stunden”, grinst sie.
Die Bilder dieses Schwerpunktes wurden mithilfe künstlicher Intelligenz hergestellt. Der surreale Stil und die unklaren Silhoutten der künstlichen Darstellungen symbolisiert die Eindrücke, die Träume oft hinterlassen.