Vielleicht lieber allein
Menschen mit sozialer Angststörung sind vom gesellschaftlichen Leben oft ausgeschlossen. Aber das Krankheitsbild ist weit verbreitet.
Text: Sophia Magdalena Wichelhaus
Bilder: Alexandre P. Junior / Explora_2005
Leo hat Hunger. Er geht in eine Bäckerei, um sich eine Jause zu kaufen. Im kleinen Verkaufsraum stehen einige andere Kund:innen und warten darauf, ihre Bestellung aufzugeben. Auch Leo, der eigentlich anders heißt, seinen wahren Namen hier aber nicht preisgeben möchte, wartet still, bis er dran ist.
„Was darf es sein?”, fragt die Dame hinter der Theke schließlich freundlich. Der 42-Jährige weiß, was es sein darf – oder jedenfalls dachte er, er wüsste es. Denn in diesem Moment ist in seinem Kopf plötzlich nichts als Leere: ein schwarzer Sturm, in dem er keine Worte findet, die er aussprechen könnte. Er schafft es einfach nicht, eine Bestellung aufzugeben, schafft es nicht, den Mund aufzumachen und Worte zu formen. Peinlich berührt stürzt er aus der kleinen Bäckerei, aus der ihm die Verkäuferin und einige Kund:innen irritiert nachsehen.
Leo versteht nicht, was gerade passiert ist. Sein Leben ist im Begriff, sich grundlegend zu verändern: Der Berliner wird die Diagnose Soziale Phobie erhalten – aber noch weiß er das nicht.